Tarifabschluss bei den Berliner Verkehrsbetrieben - Rainer Perschewski in der UZ vom 12.04.2019

An den eindrucksvollen Streikaktionen der vergangenen Wochen haben sich 12000 Kolleginnen und Kollegen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) beteiligt. Unter diesem Eindruck stimmte die Führung der BVG einem Abschluss zu: 8 Prozent Lohnerhöhung für die Beschäftigten, mindestens aber 350 Euro, rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres. Hinzu kommen Veränderungen in der Lohnstruktur, die kürzere Stufenerhöhungen möglich machen, eine Neuordnung der Berufsgruppen und eine Erhöhung des Weihnachtsgeldes um 200 Euro. Die Laufzeit der linearen Erhöhung geht bis Ende 2020, die Regelungen für den Manteltarif bis zum 30. Juni 2020. Insgesamt beträgt die Erhöhung für einzelne Gruppen durch den Mindestbetrag bis zu 20 Prozent. Verzichtet hat die Gewerkschaft ver.di auf die Arbeitszeitverkürzung.


So spaltet sich die Belegschaft weiterhin in zwei Gruppen: Die „Alt-Beschäftigten“ leisten 36,5 Stunden in der Woche, die „Neu-Beschäftigten“ 39 Stunden. Die Klagen der Unternehmensführung nach dem Abschluss sind groß – aber üblich. Die Verantwortlichen der Stadt blenden dabei aus, dass die Beschäftigten der BVG damit lediglich wieder den Anschluss im bundesweiten Vergleich erzielt haben. Allein in Berlin machte der Unterschied zwischen einem Fahrer der BVG und der Berliner S-Bahn über 400 Euro aus. Der Berliner Senat hatte in den vergangenen Jahrzehnten die BVG – wie den gesamten Öffentlichen Dienst – von der allgemeinen Lohnabwicklung abgekoppelt, so dass inzwischen auch die Personalwerbung für die BVG ein schwieriges Unterfangen wurde.
Der Lohnabschluss wird von den Beschäftigten positiv aufgenommen. Dennoch gibt es viele kritische Stimmen, weil sich die Kolleginnen und Kollegen vom Tarifabschluss eine Arbeitszeitverkürzung erhofft hatten. In dem Abschluss wurde lediglich eine Reduzierung von unbezahlten Pausen von 50 auf 30 Minuten erreicht. Um den Alltagsstress zu reduzieren, sind in den letzten Jahren viele Beschäftigte auf Teilzeit umgestiegen. Die BVG-Führung hatte für die Arbeitszeitverkürzung Regelungen ab 2021 angeboten – worauf die Verhandlungskommission der Gewerkschaft nicht eingegangen ist. Allerdings wird die Gewerkschaft ver.di diese Forderungen im nächsten Jahr wieder aufnehmen. Unklar ist zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses, ob es einen Mitgliederentscheid zum Abschluss geben soll.