Mieten runter, Löhne raufDie DKP Berlin lehnt den Gesetzesentwurf der Initiative »Berliner Mietenvolksentscheid« ab. Die Gründe für diese Entscheidung legen wir hier dar:

Der Gesetzesentwurf der Initiative »Berliner Mietenvolksentscheid« wird den Anforderungen an ein politisches Konzept für soziales Wohnen nicht gerecht.
Um eine Senkung der Berliner Mietpreise auf eine mit den Einkommen lohnabhängiger MieterInnen verträgliche Höhe einzuleiten, sind als Minimalprogramm unerlässlich:

1. ein genereller Mietpreisstopp mit vorausgehender Mietsenkung (staatliche / kommunale Festsetzung einer politischen Miete).
2. ein kommunaler Wohnungsneubau ohne Profitorientierung, aus dem also Privatkapital herausgehalten und Renditeansprüche ausgeschaltet werden. Ein solcher Neubau muss in großem Maßstab erfolgen, um sich tatsächlich dämpfend auf die Mieten Berlins auszuwirken. Er ist aus Haushaltsmitteln, bei entsprechender Besteuerung der Profiteure, zu finanzieren, die Abhängigkeit von Kapitalmärkten ist zu brechen.

Da der Gesetzentwurf des Volksentscheids (im folgenden VE) weder eine Mietbegrenzung noch ein Programm zur planmäßigen Schaffung kommunaler Wohnungen in relevanten Größenordnungen vorsieht, führt er keine wesentliche Verbesserung der Mietensituation für die Mehrzahl der BerlinerInnen herbei.

Der VE schreibt keine Maßnahmen fest, die den »Wohnungsmarkt« als Ganzes auch nur regulieren, geschweige der Profiterwirtschaftung entgegenwirken. Im Gegenteil: Die einzelnen Bestimmungen des »Gesetzes über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin" sehen vor, dass die kommunalen Wohnungsbauunternehmen kapitalistische Betriebe bleiben, die durch diverse Geschäfte um die Ware Wohnung, insbesondere Zinsgeschäfte, Überschüsse auf dem Rücken der MieterInnen einfahren. Das wird garantiert durch den zu Grunde liegenden »Förderfonds", mit dem die ganze Konstruktion unauflöslich verquickt ist. Dadurch verfehlt die Umwandlung der Wohnungsunternehmen von Aktiengesellschaften in Anstalten öffentlichen Rechts ihren Zweck. Sie wäre bei entsprechender Gesetzgebung fortschrittlich. Der VE schafft jedoch durch die Illusion des angeblich »revolvierenden" Fonds die Bedingungen, dass Immobilien-Profiteure auch in Zukunft sowohl von Mietern als auch vom Staat kassieren.

Direkt betrifft das Gesetz nur Wohnraum, der aktuell in kommunalem Besitz ist, sowie die massiv subventionierten teuren Noch-»Sozialwohnungen« im Privatbesitz. Die Umstrukturierung der kommunalen Wohnungsgesellschaften ist halbherzig, das dafür vorgeschlagene »Mitbestimmungsmodell« räumt weder Mietern noch Belegschaften substantielle Rechte ein, und es erschließt sich nicht, warum daraus mehrere »Anstalten« werden müssen, welche im »Wettbewerb" operieren sollen. Ihre Gewinnorientierung wird nur auf dem Papier aufgehoben – real besteht weiter der Zwang, Gewinne zu machen und die Möglichkeit, sie an den Staat abzuführen.

Zusätzlich sollen die Anstalten, in Zusammenarbeit mit Polizei und Jobcentern, ordnungspolitische Funktionen übernehmen, die direkt gegen Mieterinteressen gerichtet sind und die ökonomisch schwächsten MieterInnen noch einmal in bevorzugte und benachteiligte Gruppen spalten.

Die vorgetäuschte »Mietpreisbegrenzung« durch »Subjektförderung" (also Erhöhung der Mietzuschüsse auf unbestimmte Zeit) erreicht nur einen Teil der Betroffenen und hält insgesamt die Mietsteigerungen nicht auf.

Der Inhalt des Entwurfs rechtfertigt also nach Auffassung der DKP Berlin seine Unterstützung nicht. Auch eine punktuelle Verbesserung der Situation wird sich daraus kaum ergeben. Die Konsequenz dürfte eher ein gänzliches Verstummen der Mieterproteste sein.

Es folgt eine Begründung anhand ausgewählter Punkte. Da wir der Auffassung sind, dass die juristisch verklausulierte Form des VE das Verständnis der politischen Inhalte trübt, halten wir eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem Gesetzesentwurf für notwendig. Die meisten Betroffenen haben keine Zeit, sich durch die 59 Seiten zu lesen. Es besteht die Gefahr, dass Menschen über etwas abstimmen, was sie nicht wirklich prüfen konnten und einer Illusion aufsitzen, die erst auffliegt, wenn es zu spät ist.

Zur Problembeschreibung als Ausgangspunkt des Entwurfs

Die Beschreibung der Problemlage im VE ist selbst ein Problem, da sie keine Ursachen der Mietpreistreiberei benennt. Die Defizite der "sozialen Wohnraumversorgung" (die nicht definiert wird) hätten sich wegen der ‚Wohnungsmarktdynamik’ und der ‚regressiven Wohnungspolitik’ ausgeweitet. Eine Kritik oder gar Änderung  des Prinzips der Profiterwirtschaftung durch Vermietung wird von vornherein verneint.

Es wird ebenso kritiklos von einer «Zumutbarkeit« von 30% des Einkommens als (Kalt-)Miete ausgegangen und hieraus eine Nettokaltmiete von 5,42€ / qm für Menschen an der Armutsgrenze (Einzelpersonen) errechnet. Für Lohnabhängige und Erwerbslose ist diese 30%-Richtlinie, nach unserer Auffassung, nicht vertretbar.

Insgesamt bezieht sich die Betrachtung ausschließlich auf statistisch armutsgefährdete und arme Personen, nicht auf das Mietsystem insgesamt. Entsprechend wird der kapitalistische Charakter der Mietwohnung als Ware und zinstragendes Kapital vom VE als unproblematisch vorausgesetzt und bekräftigt. Lohnabhängige MieterInnen werden hier als "schlecht weggekommene" Konsumenten behandelt, die allenfalls als individuelle Antragsteller agieren können. Die Bewahrung dieses Zustands per Gesetzesentwurf präsentiert der VE als "direkte Demokratie". Das wird inzwischen dankbar aufgegriffen von Grünen, SPD und Linkspartei, die darauf rechnen, den Protest von der Straße zu holen und in die Regierungspolitik kommender Koalitionen umzumünzen.

Es wird beklagt, dass Altbautmieten nicht mehr "zuverlässig preisgünstig" seien - als ob sie das in westdeutschen Metropolen jemals gewesen wären. Der Zusammenhang mit den kapitalistischen Neubaumieten, die die Altbaumieten ständig mit in die Höhe ziehen, wird ausgeblendet, um auf diesem Gebiet erst gar keine Lösungsansätze bieten zu müssen. Die Suggestion, der VE würde bezahlbare Mieten "für Berlin" machen, ist unwahr und bewusst irreführend. Ebenso falsch die Behauptung, es ginge um Mietsenkungen. Es geht weiterhin um staatlich garanierte Höchstmieten im "Sozialen Wohnungsbau" und sogar um Schuldenschnitte für seine Profiteure.  Unzutreffend ist auch die Behauptung, kommunale Wohnungsunternehmen würden nach Annahme des VE "nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet" (§ 25)

Der VE zählt ein Sammelsurium von staatlichen Instrumenten auf, die als ineffektiv qualifiziert werden. Die grundsätzliche Funktion des Mietspiegels als Mieterhöhungsinstrument findet nicht einmal Erwähnung. Das endet mit der Feststellung, dass man an den beanstandeten Faktoren per Mietenvolksentscheids in vorliegender Form sowieso nichts ändern könne, weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Es handelt sich also um einen juristischen Entwurf, der zugleich versichert, dass er die bau-, miet- und steuerrechtlichen Voraussetzungen des Immobiliengeschäfts auf juristischem Wege gar nicht antasten kann. Handlungsmöglichkeiten der Bezirke bleiben ebenfalls aussen vor - z.B. das mögliche Verbot von Zwangsräumungen. Schlimmer noch: Zwangsräumungen werden ausdrücklich in das Landesgesetz als Aufgabenbereich kommunaler Wohnungsunternehmen hineingeschrieben (s.u.). Die Entscheidung, politische und soziale Forderungen der Berliner Mieterinitiativen in juristische Form zu gießen (anstatt die gängige juristische Drangsalierung politisch anzugreifen), schafft somit "Sachzwänge", die  fortschrittliche Inhalte ins Gegenteil verkehren oder in Unverbindlichkeit abdrängen.

Selbstverständlich ist Solidarität mit den ärmsten und wehrlosesten Teilen des Proletariats auch in der Wohnungsfrage oberstes Gebot - das sind besonders Hartz-IV-BezieherInnen, RentnerInnen, Alleinerziehende, MigrantInnen, Flüchtlinge. Umfassende Solidarität und der Anspruch, sich nicht in unterschiedliche Sonderinteressen aufspalten zu lassen, war bisher Konsens in der Breite der Berliner MieterInnenbewegung. Der VE bricht mit diesem Prinzip. Ein genauerer Blick auf den Gesetzestext zeigt, dass nur ein Teil dieser Gruppen Zuwendungen durch den Förderfonds oder Wohnungen erwarten kann (s.u.).  

Zu den Zielen des Gesetzes

Es geht dem VE nicht um die Zurückdrängung von Kapitalverwertung, auch nicht um einschränkende Regelungen, sondern in erster Linie um ein "Förder"programm, um "künftig die Mieten im Sozialen Wohnungsbau durch Senkung wieder tragfähig zu machen" (S.9). Was "tragfähige Mieten" seien, wird nicht definiert. Der Gesetzestext macht aber klar, dass die fortgesetzte Subvention überhöhter "Kostenmieten" gemeint ist. Der VE ist auf einen Teil des Wohnungsbestandes fokussiert und schränkt damit die Gruppe von MieterInnen, denen er nützen könnte, erheblich ein. Es gehe um "verstärkte Modernisierung privaten Altbaus" zur angeblichen Erhaltung "vieler preiswerter Wohnungen" und "deutlich erhöhte zielgruppenorientierte Neubauförderung" für Sozialwohnungen, über deren vorgesehene Anzahl aber nichts gesagt wird. Es geht also NICHT um eine Mietobergrenze und auch nicht um die planmäßige Bereitstellung und Finanzierung einer hinreichenden Menge Wohnungen in öffentlicher Hand. Wie ohne solchen aus der Gesamtberliner Situation entwickelten Plan Altbauten "preisgünstig" bleiben sollen, bleibt für die DKP ein Rätsel. Die noch bestehenden Sozialwohnungen verbleiben unter den Bedingungen, die das Massenelend und die verzweifelte Lage der MieterInnen immer neu erzeugen. Schlimmer noch: Anstelle echter Mietsenkungen und unbefristeter Bindungen für SozialmieterInnen fordert der VE, den Eintreibern der "Kostenmieten" ein Aussetzen ihrer Rückzahlungen an das Land zinsfrei zu gewähren (§34 (3) - dergleichen ist für den Mietzins allerdings nicht vorgesehen!

Es geht also um die Fortführung des fatalen Senatskonzepts der Milderung akuter Wohnungsnot und zaghaftester Martkbeeinflussung durch direkte und indirekte Bezuschussung überhöhter Mieten.

Wundermittel Wohnraumförderfonds

Der VE verengt den sozialen Auftrag der Landesverfassung auf die Förderung von Wohnraum für »besonders Benachteiligte" (S.35).

Gegenüber denen, die vom Staat begünstigt über den kapitalistischen Wohnungsmarkt Profite realisieren, sind lohnabhängige MieterInnen grundsätzlich benachteiligt. Das zeigt sich u. a. daran, dass ihre Einkommen immer weniger ausreichen, um für die enormen Gewinne der Finanzkapitalisten, Grundbesitzer, Bauunternehmer und Eigentümer aufzukommen. Würde der VE hier Stellung beziehen und Mieterinteressen insgesamt berücksichtigen, müsste er in bestehende Marktbedingungen, Profitansprüche und die Haushaltspolitik eingreifen. Das ist eine vernünftige Forderung fortschrittlicher Mietenpolitik an den Staat. Um all dies nicht zu tun, soll ein Fonds geschaffen werden, mit dem sich unter dem Deckmantel akuter Hilfe trefflich Geschäfte machen lassen. Angeblich trage der Fonds »revolvierend" sich selbst - quasi freischwebend neben dem Haushalt -, so dass die kommunale Rotstiftpolitik, mit Steuerbegünstigung für Banken und Konzerne, irrsinnige Großprojekte und zugleich Schuldenbremse für die Bevölkerung, munter fortgesetzt werden können. In Wirklichkeit ist der »revolvierende Fonds" kapitalmarktabhängig, von heterogensten Geldquellen gespeist und zu Zinsspekulationen per VE verpflichtet. In vorauseilendem Gehorsam wird er von den Verfassern nach »Europarecht" konzipiert, was den »gemeinnützigen" Ansatz vollends zum zahnlosen Tiger macht (S.35f.).

Unter die Fonds-Einnahmen (§5) zählen die Verfasser u. a. EU-Gelder für energetische Sanierung, die also ihrerseits aus einem Fond stammen, der eigens geschaffen wurde, um die Modernisierungsspekulation zu befeuern. Ein bedeutender Batzen soll aus den einfließenden Mietzinszahlungen kommen. Außerdem werden Gelder aufgelistet, die Immobilienkapitalisten, insbesondere solche, die vom Wuchersystem und den Rendite-Garantien des westdeutschen »Sozialen Wohnungsbaus" profitieren, dem Land Berlin an Zinsen und Tilgung für Darlehen zurückzuzahlen haben (das wären nach S. 36 immerhin 280 Mio. Euro jährlich für den Fonds). Diese Einnahmen werden auf der Habenseite des Fonds aufgeführt. 15 Seiten weiter (§34) werden sie dann diskret wieder herausgestrichen: "Für die einkommensunabhängige Mietensubvention gemäß §§ 30 bis 32 verzichtet der Wohnraumförderfonds" (also das Land Berlin) "ganz oder teilweise oder befristet auf die Rückzahlung von Förderdarlehen, die dem Förderfonds gemäß § 5 Nummer 2 zustehen". Die Autoren schweigen sich darüber aus, wie viele Millionen derlei Geschenke ans Kapital kosten. Man erhofft sich davon, dass die Preistreiber dann mit der nächsten Mieterhöhung etwas zuwarten und sich weniger schnell aus der Bindung loskaufen. Auf diese Weise kann für einige Zeit vorgetäuscht werden, die Lage der SozialmieterInnen sei verbessert worden. Mit einem seriösen Konzept zur Mietsenkung hat das nichts gemein.

Der Fonds wird als »nicht rechtsfähiges Sondervermögen" vorgestellt. Laut Begründung geht es bei dieser Definition um die Möglichkeit der Kreditvergabe durch die Investitionsbank Berlin (IBB) ohne formale Minderung seines Eigenkapitals - also eine Finanztrickserei (S.36). Für die Ausstattung des Fonds gibt es keine Vorgaben, da »dies dem Haushaltsgesetzgeber überlassen bleibt". Das ist noch weniger als eine unverbindliche Willenserklärung. Der Fonds ist Kreditvergabestelle, lebt also von Zinsen inklusive Mietzins. Ihm wird vorgeschrieben, sich über Zinsen aus Anlagen, also Spekulationsgeschäften, zu nähren. Die Verfügung über den gesamten Fonds obliegt, als Bewilligungsstelle (§8), neben dem Senat der IBB.  §7 schreibt vor, dass solche Geschäfte aus überschüssigen Einnahmen getätigt werden - womit zugegeben wird, dass das Modell, das hier zur Abstimmung steht, sehr wohl  gewinnorientiert ist. Wenn die Autoren also behaupten, es würden keine Gewinne an den Haushalt abgeführt, dann heißt das nicht, dass keine erwirtschaftet würden. Wenn sie nicht »direkt" an den Haushalt abgeführt werden, steht laut Gesetzesentwurf nichts dem entgegen, sie indirekt abzuführen.

Der Fonds, da in Abhängigkeit vom EU-Wettbewerbsrecht konstruiert, soll »allen Antragstellern offen" stehen, also den Begehrlichkeiten von Immobilienkapitalisten aller Art. Auch die »Anstalten" (die umzuwandelnden Wohnungsbauunternehmen) sind nur »gleichberechtigte" Antragsteller neben den privaten Investoren und zahlen dann Zinsen. Der Fonds stellt somit sicher, dass mit der bisherigen Politik nicht gebrochen wird, öffentliche Gelder, die bei den Beziehern mittlerer und kleiner Einkommen eingesammelt wurden, in private Kassen umzuschaufeln. Folglich ist dem Fonds auch nicht zwingend die Aufgabe zugewiesen, die Lage der MieterInnen gegenüber den Profitmachern grundsätzlich zu verbessern. Es wird eben nicht bindend vorgeschrieben, sondern nur unverbindlich empfohlen, der Fonds solle sich daran orientieren »Verdrängung zu vermeiden" - aber auch das nur in »innerstädtischen Stadtteilen sowie Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten". Währenddessen wird den BerlinerInnen aber eingeredet, es handele sich hier um ein Gesetz gegen Verdrängung!
Indem der Fonds »diskriminierungsfrei" seine vergünstigten Kredite an ,Anleger' und ,Investoren' vergibt, ist die ausgesonderte »Zielgruppe" - nämlich die ärmsten MieterInnen der Stadt - ihm  wehrlos ausgeliefert. Falls die ganze, im wesentlichen auf Zinsgeschäften, Finanztrickserien und Haushaltsmanipulationen beruhende Fondskonstruktion auf Grund ihrer inneren Widersprüche und äußeren Abhängigkeiten genauso zusammenbrechen sollte wie ihr ruhmloser Vorgänger - das »Salzburger Modell" - entfällt die einzige Stütze, die für diese MieterInnen vorgesehen ist. Sie würden bitter bezahlen, so wie sie schon die Zeche für das Fördermodell des »Sozialen Wohnungsbaus" zu bezahlen haben.  

Folgen der Subjektförderung - Beispiel Datenschutz und Flüchtlinge

Der VE ist, ohne das offen auszusprechen, eine Abstimmung für die Fortsetzung der sogenannten Subjektförderung und damit Flickschusterei (in den Worten des VE "Einkommensabhängige Mietensubvention nach SGB II bzw. SGB XII").  Die DKP hält das für den falschen Weg und kann auch deshalb diesen VE nicht unterstützen. Richtig wäre, eine politische Miete im Einklang mit Objektförderung durch die Kommune so festzusetzen, dass es zu den entwürdigen Abrechnungen diverser "Transferleistungen" erst gar nicht kommt.

"Subjektförderung" bedeutet zusätzliche Schikanen für die abhängigen Almosenempfänger des Fonds - auch die, die nicht schon unter Hartz IV Regime stehen. In § 9 ("Datenschutz")schreiben die AutorInnen in ihr Förder-Gesetz, dass der Senat Daten über Mieterparteien verbreiten kann - Einschränkungen werden nicht aufgeführt . Außerdem wird eine Auskunftspflicht der Vermieter an Behörden und "Arbeitgeber" (!) über die Einkommensverhältnisse der Mieter festgesetzt und Rückschlüsse des Vermieters auf das Einkommen ausdrücklich gebilligt. Das kann zu weiteren Diskriminierungen führen, wie sie schon jetzt auch in landeseigenen Gesellschaften gang und gäbe sind.

Anstatt also die Interessen der "einkommensschwachen Haushalte" zu stärken, wird ihr Status als Empfänger von Armenhilfe fortgeschrieben. Die Kriterien der "Förderungswürdigkeit", die der VE trifft, treiben die Entsolidarisierung innerhalb der "Zielgruppe" voran. Erhalt eines Wohnberechtigungscheins wird an den Aufenthaltsstatus gebunden. § 45 (2): "Einen Wohnberechtigungsschein erhalten nur Wohnungssuchende, die sich nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen und rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, auf längere Dauer einen Wohnsitz als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu begründen und dabei einen selbständigen Haushalt zu führen."

Damit ist von den VerfasserInnen des VE sichergestellt, dass Flüchtlinge (übrigens bei hohen Geldstrafen auch für Vermieter) aus Kommunal- und sonstigen Wohnungen draußen bleiben. Das ist abermals ein brutaler Bruch mit dem solidarischen Konsens, der die Berliner MiterInnenbewegung bisher trug. Während nach außen, insbesondere auch von GRÜNEN Trittbrettfahren des VE, mobilisierungswirksam beklagt wird, dass MigrantInnen sich an der Abstimmung nicht beteiligen können, macht der Gesetzestext nach innen knallharte Diskriminierungspolitik.

Die DKP vertritt, dass das Flüchtlingsproblem auch ein Wohnungsproblem ist, da allen Flüchtenden unverzüglich menschenwürdige Wohnungen durch die Kommune bereitzustellen sind. Wir sehen nicht, wie wir dafür in Zukunft glaubhaft weiter kämpfen sollen, wenn wir vorher einem Gesetz zustimmten, dass Flüchtlinge grundsätzlich ausschließt. Auch darum können wir diesen VE nicht unterstützen.

An der Wirkungsweise des geplanten Förderfonds wird also die Klassenstruktur kapitalistischer Wohnungspolitik, wie sie auch der VE vorsieht, überdeutlich. Für Kapitalisten, die Fondsgelder abgreifen, gilt "diskriminierungsfreier" Zugang nach Gleichheitsgrundsatz. Die lohnabhängigen ZIelgruppen-Mieter, die um den Verbleib in überteuerten Wohnungen kämpfen, werden in Ungleichberechtigte aufgespalten und kriegen Zugangsbeschränkungen.

Tochtergesellschaften - Beispiel Hartz-IV-BezieherInnen

Doch mit der quasi finanzkapitalistischen Wirkungsweise des Fonds nicht genug. Die kommunalen Wohnungsunternehmen werden laut VE verpflichtet, Tochtergesellschaften zu gründen. Nirgends steht, dass diese im alleinigen Besitz der Anstalten sein müssen und damit keinen Gewinn erwirtschaften dürfen. SIe sind kapitalistische Unternehmen, die diverse Geschäfte zu betreiben haben. Begründet wird das mit eben kapitalistischen Gesichtspunkten: "Wirtschaftliche Effizienz" und "Flexibilität" (S.39). Nicht erwähnt wird, dass das Outsourcing nur zulasten der Beschäftigten der landeseigenen Unternehmen gehen kann: Entlassungen, Arbeitsverdichtung und Lohndrückerei werden die Folge sein, während nicht zu erwarten ist, dass das "wettbewerbliche" Agieren irgendwelche Vorteile für Mieter bringt. Eine dieser vorgeschriebenen Tochtergesellschaften hat den alleinigen Zweck "zielgerichteter Sozialarbeit" - zur Sicherung der Mieteinnahmen (S.14). Die angehängte Begründung  macht klar, was "Sozialarbeit" bedeutet: Der Schikane durch Jobcenter wird Überwachung durch den Vermieter hinzugefügt. Mobbing gegen Bezieher von Transferleistungen wird hiermit durch den VE auf eine neue Stufe gestellt: "Darüber hinaus wird den Anstalten in Absatz 4 Nummer 4 ausdrücklich die Organisation einer zielgerichteten Sozialarbeit in den bewirtschafteten Beständen auferlegt und hierfür die Einrichtung einer gemeinschaftlichen Wohnungsberatungsstelle als Organisationsform vorgeschrieben. Damit sollen die Anstalten in die Lage versetzt werden, einen wichtigen Beitrag in der Umsetzung von § 11 Absatz 2 SGB XII zu leisten: »Die Beratung betrifft die persönliche Situation, den Bedarf sowie die eigenen Kräfte und Mittel sowie die mögliche Stärkung der Selbsthilfe zur aktiven Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und zur Überwindung der Notlage. Die aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft umfasst auch ein gesellschaftliches Engagement.« "(S.39)

Im Klartext heißt das: Drangsalierung zum Arbeitszwang durch den Vermieter. Der skandalöse Absatz zeigt, wie die Erniedrigung lohnabhängiger MieterInnen zu mittel- und einspruchslosen "Fördersubjekten" in soziale und politische Repression durch eine geschlossene Front über Behörde, Vermieter und Arbeitsplatz mündet - alles unter Kontrolle des "revolvierenden Förderfonds" und seiner Herren in Senat und IBB.

Die Anstalten - Beispiel Zwangsräumungen

Besonders bedauerlich ist die Durchlöcherung des Programms einer Umwandlung der landeseigenen Wohnungsunternehmen durch den VE. Das formulierte Ziel: Bereitstellung von Wohnraum zu "angemessenen Bedingungen" liefert keine konkrete Aussage oder gar Verpflichtung. Nicht nur in Zusammenarbeit mit den Jobcentern, sondern auch mit der Polizei sollen die "Anstalten" das Vorgehen gegen problematische Mieter reibungslos machen, indem sie den Bezirk als Ordnungsmacht bei Zwangsräumungen unterstützen. §13 (4)

"Aufgabe der Anstalten ist (...) die Bezirke als örtliche Ordnungsbehörden im Bereich des Wohnungswesens zu unterstützen und in akuten oder drohenden Fällen von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit, namentlich solchen, in denen Zwangsräumungen nicht abgewendet werden können, zur Gefahrenabwehr im Rahmen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (...) Gelegenheiten zur Unterbringung der Betroffenen (...) zur Verfügung stellen". Mit der Unterbringungsgelegenheit bei akuter Obdachlosigkeit ist selbstverständlich keine eigene Wohnung gemeint. Vor allem dient sie der moralischen Delegitimieung künftiger Zwangsräumungsblockaden. Unverbindliche Empfehlung: Anstalten "sollen "darauf achten" dergleichen zu vermeiden (während sie laut Gesetzesentwurf daran mitzuwirken haben).  Da die Alibiformulierung keine Entscheidungsbefugnisse und Instrumente definiert, um Zwangsräumungen zu "vermeiden", ist sie wertlos. Es gilt der Gesetzestext.

Die DKP wird sich auch in Zukunft an Blockaden von Zwangsräumungen beteiligen. Über deren Rechtmäßigkeit werden wir keinesfalls per VE mit "Ja" abstimmen.

Die Anstalten sind kapitalistische Unternehmen

Die Anstalten können weitere Aufgaben übertragen bekommen und sind angehalten, in diverse Geschäftszweige einzusteigen (s. 9 §13) - womit die Gewinnmacherei beliebig wird. Sie sind zu "allen Maßnahmen berechtigt", dürfen "Hilfs- und Nebengeschäfte" betreiben, Aufgaben an Dritte übertragen, außerhalb Berlins tätig sein, Eigenkapital bilden, und Fremdkapital aufnehmen - kurz, der ganze Zauber entpuppt sich als normale kapitalistische Unternehmen, die lediglich keinen Buchgewinn machen dürfen. Hier tauchen denn auch plötzlich "Beteiligungsgesellschaften" auf, die ja denn auch Gewinn machen müssen.
Eines ihrer "Kerngeschäfte" wird Modernisierung sein, wozu ja EU-Gelder über den Fonds abgegriffen werden sollen. Mieterhöhungen sind in diesem Fall ausdrücklich vorgesehen, mit dem frommen Wunsch, sie bitte "tragbar" und nicht "drastisch" zu gestalten. Eigentümer, die "modernisieren", kassieren beim Förderfonds zweimal: Erstens finanziert er die Aufwertung des Objekts, also Kapitalverwertung, zweitens bezuschusst er die daraus folgende Mieterhöhung. Der VE schlägt also genau das vor, was bereits schlechte Praxis ist. D.h., er wird auf jeden Fall MIetsteigerungen bei Ausschöpfung des rechnerisch Möglichen durchsetzen. Die Vorgabe lautet: "Mietpreise sollen sozialverträglich festgelegt und mindestens die Kostendeckung sowie die Bildung ausreichender Rücklagen ermöglichen". Hiermit ist die Grenze der bloß nachgeordneten "Sozialverträglichkeit" definiert. Über die in den "Kosten" bereits enthaltenen Profite schweigt der VE. Es soll "kontinuierliche Investitionstätigkeit" erfolgen. Weiteres Geschäft ist die Veräußerung von Grundstücken, ohne dass dabei zwingende Vorschriften über die Käufer dieser Grundstücke gemacht werden. Es wird ausdrücklich gefordert, in gemeinsame Dienstleistungsgeschäfte, "insbesondere mit Privaten" einzusteigen (S.41). Von der behaupteten Gemeinnützigkeit bleibt also nichts übrig.

Mitbestimmung

Die Mitbestimmungsvorschriften sind kaum noch als schein-demokratisch zu bezeichnen. In Mietfragen wird dem Gesamtmieterrat keine Mitbestimmung zugestanden (§§20-22). Er kann grundsätzlich nur zustimmen, da, wenn der Vorstand nicht einverstanden ist, der Verwaltungsrat die Zustimmung des Gesamtmieterrats ersetzt, insbesondere bei Konflikten über "Investitionsentscheidungen". Zu Mieterhöhungen darf er "Stellung nehmen", mehr nicht. Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Sitz-Verteilung sieht so aus (§18):  8 Vertreterinnen des Landes Berlin (mindestens 3 SenatorInnen /StaatssekretärInnen); 2 Mitglieder des Fachbeirates; 2 VertreterInnen der Belegschaft; 4 Vertreterinnen des Gesamtmieterrates. Der Fachbeirat wird vom Abgeordnetenhaus berufen. Aber selbst wenn er wider Erwarten auf Seiten von MieterInnen und Beschäftigten stünde, lässt sich keine mehrheitsfähige Koalition gegen den Senat bilden, denn bei Gleichheit zählt die Stimme des vorsitzenden Bausenators doppelt. Das "Mitbestimmungs"modell schließt ausdrücklich Änderungen der Besitzverhältnisse aus (S. 43). Ziel ist eine "erhöhte Identifikation der BewohnerInnen" und dadurch Verminderung der Kosten infolge "Vandalismus". Die Mitbestimmungsorgane sollen bei den MieterInnen um "Verständnis für Entscheidungen werben". Gebietsmieterräte (§23) haben keine eigentliche Entscheidungsbefugnis, sondern dürfen nur Vorschläge unterbreiten und Stellungnahmen abgeben. Sie haben nur begrenztes lokales Informationsrecht.

Eine Satzungsänderung durch das Abgeordnetenhaus kann die Zustimmungspflicht des Verwaltungsrates aushebeln. Und damit kein Zweifel aufkommt, wer das Sagen hat § 15 (1): "Der alleinige Gewährträger der Anstalten ist das Land Berlin".
Mit der Reduktion der Personalvertreter auf 2 Sitze im Aufsichtsrat eines Landesunternehmens begehen die AutorInnen des VE einen eklatanten sozialpolitischen Rückschritt. Auch darum wird die DKP den VE nicht unterstützen.

Wohnen in der Anstalt

In allen öffentlich geförderten Wohnungen soll eine "tragbare Miete" sichergestellt werden (§§29-36). Das heißt also nicht: In allen kommunalen Wohnungen. Als tragbar wurden 5,74 Euro/qm nettokalt pro Person errechnet. Unterhalb der Armutsgrenze sollen 5,14 Euro daraus werden. Das wird alle zwei Jahre überprüft, bei Änderung sind Mieterhöhungen angesagt. Für Transferleistungsbezieher soll die Miete dem entsprechen, was das Amt bezahlt (WAV). Das reale Einkommen von Transferleistungsbeziehern in Berlin wird hiermit also vom jeweils erkämpften Mietvertrag abhängig gemacht. Der Verzicht auf eine personenunabhängige Mietdeckelung bedeutet: Mieter müssen dafür Nachweise bringen und den Vermieter um Beantragung bitten - und das alle 2 Jahre, bei Strafe einer Mieterhöhung. Steigt das Einkommen (was innerhalb der engen Stufung des VE sehr leicht vorübergehend  geschehen kann), wird die Förderung abgebaut - zugunsten des Fonds.

Für Wohnberechtigungsscheine werden verschiedene Einkommensgruppen unterschieden, die aber durch die Senatsverwaltung abweichend festgelegt werden können, wenn ihr das aus "wirtschaftlichen und städtebaulichen" Gründen angebracht erscheint, wodurch das Ganze wieder beliebige Ermessenssache wird.
Freistellungen von Belegungsbindungen werden nicht grundsätzlich ausgeschlossen (§§36-37), sondern von statistischen Erhebungen abhängig gemacht. Bindungen sind also generell befristet und zudem Vereinbarungssache. Die DKP erkennt nicht, aufgrund welcher Zwänge oder Interessen MieterInnen für eine Befristung der Bindungen stimmen sollten.

Wer von den vorgeschlagenen Personen einziehen darf, legt letztlich der Vermieter fest. Dieser darf die Miete im Rahmen der Mietrechts- und Förderbestimmungen erhöhen, jedoch muss sie die ortsübliche Vergleichsmiete mindestens um 10% unterschreiten. Auf diese wundersame Weise lassen sich dann wieder Erhöhungen des allgemeinen Mietniveaus erreichen, was durch das Gesetz ja angeblich ausgeschaltet werden sollte.

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Hinter dem Volksentscheid stehen berechtigte Hoffnungen der Berliner Mieterinnen und Mieter. In einem Mobilisierungs-Trailer der Initiative sagt eine Aktivistin: »Ich mach beim Mietenvolksentscheid mit, weil ich nicht will dass Wohnen Ware ist".

Wir glauben, aufgezeigt zu haben, dass der VE für das Gegenteil steht. Er sichert den Warencharakter der Wohnungen und lässt ihn "durch das Volk" bestätigen - mit allen negativen Folgen, die das im Detail bedeutet. Auf diese Weise wird er im öffentlichen Bewusstsein zum Statthalter von Forderungen, die er zwar durch unverbindliche Phrasen aufgreift, aber als Gesetz ins Gegenteil verkehrt. Wir halten das für gefährlich. Das Platzen der Illusionen, die der VE schürt, kann nur zu weiterer Entsolidarisierung und zur Beschädigung legitimer mieten- und gesellschaftspolitischen Kampfziele führen. Das liegt im Interesse der Senatsparteien. Darum sagen wir "Nein" zu diesem Gesetzesentwurf.