100 Tage Berliner Senat
Von Stefan Natke, Vorsitzender der DKP Berlin
Quelle: Berliner Anstoss 02/2022
Mehr als 100 Tage sind vergangen, seit der gar nicht so neue Senat im Amt ist. Hat sich für irgendwen irgendetwas verändert? Die Mieten kennen nur eine Richtung, der ausgemachte Wahnsinn A 100 soll weitergebaut werden und sich durch Wohngebiete fräsen, Krankenhäuser werden geschlossen, die Schulprivatisierung schreitet voran.
Der Berliner Senat, mal wieder »progressiv« zusammengesetzt aus SPD, Grünen und Linkspartei, hat gar nicht erst den Versuch unternommen, auch nur die Bereitschaft zu simulieren, er würde im Interesse der Lohnabhängigen dieser Stadt regieren wollen. Unter der Fuchtel der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey betreibt die Landesregierung jedenfalls eine Politik, vor der sich Wohnungsspekulanten nicht fürchten müssen. Bezahlbare Mietwohnungen in Berlin gibt es für die mit knappen Löhnen, und das sind die meisten in dieser Stadt, immer weniger. Zwangsräumungen finden weiter statt, die Verdrängung aus den Kiezen ist kaum beachteter Alltag.
Die Linkspartei ist heillos zerstritten. Verzweifelt versucht sie den Spagat, gleichzeitig parlamentarischer Arm der Enteignungsbewegung und artiger Koalitionspartner zu sein. Es ist leichter, einen Pudding an die Wand zu nageln, als die Haltung der Partei zur Frage der Enteignung von Wohnungskonzernen zu definieren.
Das »Volk« hat hier, anders als sein »Entscheid« vom vergangenen September vermuten lassen könnte, gar nichts zu melden. Das Verfahren ist nun bei einer Expertenkommission geparkt, der ärgerliche Kasus wird somit schrittweise entsorgt. Die Enteignung, das haben Giffey und Geisel zu verstehen gegeben, wird es mit ihnen nicht geben. Wie leicht und problemlos dann doch enteignet werden kann, zeigt der Ausbau der Autobahn. Was ihr störend im Wege steht, wir dem Eigentümer genommen und plattgemacht. Und ist nicht die schleichende Schulprivatisierung, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, nicht auch eine Enteignung von Volkseigentum? Ja, aber die dient der Kapitalakkumulation. Akkumulation durch Enteignung heißt der Vorgang. Nötig aber wäre eine Akkumulation der Kräfte für eine Enteignung der Enteigner.